„Das riecht aber sinnlich. Was ist das?“, lasziv legt die junge Frau ihre Hand an den Kragen des Herren. Ihre Lippen sind spröde. „Das darf ich nicht sagen!“, haucht er zurück. Ihre nestelnden Bewegungen, eben noch fummelten ihre langen Finger an der Knopfleiste seines Armani-Hemds herum, kommen zum Erliegen. „Was soll das heißen?“, fragt sie irritiert nach. „Ich darf dir nicht sagen, was es ist?“, sagt er. „Warum nicht? Ist es von Deiner Frau?“ Er beginnt zu flüstern, murmelt irgendetwas von Vorspann. Lauter sagt er: „Ich kann nur so viel sagen: Es ist ein Herren-Parfüm.“ „Willst Du mich verarschen. Los, gib mir die Schlüssel vom Mercedes, ich verzieh’ mich. Muss eh noch einkaufen. Brauchste was aus’m Plus.“ Er schaut sich verschwörerisch um. „Du bekommst die Schlüssel nicht, auch dann nicht, wenn es ein VW, ein Audi oder ein BMW wäre. Außerdem sind die Produkte im Aldi, Lidl, Real, Akkord oder Concord ebenso gut und günstig, wie die im Plus“, sagt er zornig. Sie beginnt zu schluchzen: „Du liebst mich nicht. Du wirst Deine Frau niemals verlassen…
Hast Du ein Tempo?“ „Ich habe auch Zewa und Softies, die sind nämlich auch
reißfest, günstig und gut.“ „Alles klar, das war’s!“, plötzlich hält sie einen Revolver in der Hand „Und noch was!“, blafft sie, „Mein Pulli ist neu und nicht mit Perwoll gewaschen.“ Dann schießt sie. Eigentlich wollte er sie noch darauf hinweisen, dass Ariel oder Persil ebenfalls Fasern und Farben schonen und weißer als weiß waschen, dass ihr Geschirr Kalkablagerungen aufweise, weil
sie nicht mit Pril spüle und sie sich überhaupt dahin scheren könne, wo der Pfeffer wachse – am liebsten aber mit TUI. Doch da war er schon tot.
So könnte ein TV-Krimi in Zukunft aussehen, dann nämlich, wenn durch die EU Schleichwerbung erlaubt wird. Viviane Reding, die EU-Kommissarin für Informationsgesellschaft und Medien, hat eine Richtlinie entworfen, die es erlaubt, Filme, TV-Serien – sogar Ratgeber – mit Werbung zu versetzen. Luxusautos, Reiseveranstalter, Konsumgüter sollen dann für Geld ins Drehbuch eingebaut werden dürfen, wenn die Werber im Vorspann genannt werden.
Das wird prima, wenn man die Killer gleich daran erkennt, dass sie – nicht wie die Guten – keine Werbeaufnäher tragen und auch sonst ausschließlich No-Name-Produkte verkonsumieren. „Hüten Sie sich vor dieser Frau, Dr. Watson.“ „Warum, Holmes?“ „Haben Sie ihre Kleidung bemerkt? Nicht ein einziger Sponsoren-Aufnäher!“ „Sie verblüffen mich immer wieder, Holmes. Dabei hätte ich auf die Ehefrau als Mörderin getippt.“ „Aber es war die Geliebte, Watson.
Sehen Sie nur“, Holmes hält ihm seine Fielmann-Lupe hin, „Ihre Lippen sind nicht glossy und shiny, ihre Wimpern sind weder lang noch füllig und… sie sieht so alt aus wie sie ist. Wer keine Marken-Produkte benutzt, muss ein Mörder sein… oder schlimmer.“ „Sie haben wie immer recht, Holmes!“
The Good Consumer
AntwortenLöschenhttp://www.youtube.com/watch?v=A_ut93YYZu8